S.T.A.R. Module
Der Rückfall Alkoholabhängiger wird vermehrt als zugehöriger Bestandteil
des Ausstiegs aus der Sucht verstanden, mit dem konstruktiv-therapeutisch
umgegangen werden sollte (siehe auch Konturen Heft1/2003). In vielen
Einrichtungen gibt es bereits seit mehreren Jahren Konzepte für die Rückfallarbeit.
Allerdings fehlten bislang weitgehend umfassende Präventionsprogramme für die
Praxis. Diese Lücke schließt das von Körkel und Schindler entwickelte
"Strukturierte Trainingsprogramm zur Alkohol-Rückfallprävention" (STAR).
STAR vermittelt in 15 abgeschlossenen Einheiten ("Modulen") à 90 Minuten
Kompetenzen zur Vorbeugung von Rückfällen und zum Umgang mit eingetretenen
"Ausrutschern". In den Modulen werden Themenbereiche aufgegriffen, die nach
heutigem Stand empirischer Forschung und theoretischer Kenntnisse für die
Vorbeugung von Rückfällen und einen hilfreichen Umgang mit eingetretenen
Ausrutschern von zentraler Bedeutung sind. Im einzelnen werden folgende
Inhalte bearbeitet:
Modul 1 |
Grundinformationen über Rückfälligkeit |
Modul 2 |
Abstinenz: Pro & Contra |
Modul 3 |
Hochrisikosituationen |
Modul 4 |
Soziale Situationen (I): Ablehnen von Trinkaufforderungen
und
Ansprechen der eigenen Abhängigkeit |
Modul 5 |
Soziale Situationen (II): Anerkennung und Kritik |
Modul 6 |
Unangenehme Gefühle (I): Sensibilisierung |
Modul 7 |
Unangenehme Gefühle (II): Bewältigung |
Modul 8 |
Alkoholverlangen ("craving") |
Modul 9 |
Kontrolliertes Trinken |
Modul 10 |
Ausgewogener Lebensstil |
Modul 11 |
Ausrutscher und Rückfall |
Modul 12 |
Umgang mit Ausrutscher und Rückfall |
Modul 13 |
Gespräche mit Angehörigen/Freunden zum Thema
"Rückfall" (I):
Gesprächsführung /-blockaden |
Modul 14 |
Gespräche mit Angehörigen/Freunden zum Thema
"Rückfall" (II): Gesprächsinhalte |
Modul 15 |
Nachsorge |
Grundlage für STAR ist ein detailliertes Manual mit Modulabläufen, Arbeits-
und Informationsblättern, Notfallpass u.a.m.(Körkel & Schindler [2003].
Rückfallprävention mit Alkoholabhängigen. Berlin: Springer). Im folgenden
möchten wir die Herangehensweise des STAR-Konzepts anhand von zwei ausgewählten
Modulen veranschaulichen.
Im Modul 3 sollen die TeilnehmerInnen für ihre persönlichen Rückfallgefährdungen
sensilibilisiert werden. Sie erhalten Informationen über die häufigsten
Rückfallauslöser und erkunden, welche Situationsbereiche für sie persönlich
ein Rückfallrisiko darstellen. Zunächst sammeln die TeilnehmerInnen gemeinsam
Rückfallgefährdungen und ordnen diese mit Unterstützung des Gruppenleiters den
Hochrisikobereichen nach Marlatt zu.
Diesen Bereichen werden gleichzeitig bestimmte Farben zugeordnet. In Einzelarbeit
wählen die TeilnehmerInnen dann für sie zutreffende farbige Kärtchen aus, die
ihre persönlichen Gefährdungsbereiche symbolisieren.
In einem zweiten Schritt nehmen die Gruppenteilnehmer-Innen eine gegenseitige
Einschätzung der Gefährungs-bereiche vor. Auch dies geschieht mit Hilfe der farbigen
Kärtchen, die jeweils verdeckt für die anderen Teil-nehmerInnen in Umschläge gelegt werden.
Auf diese Weise erfolgt eine zunächst spielerische Beschäftigung mit Risikobereichen.
Durch die Fremd-einschätzung der anderen TeilnehmerInnen wird die Wahrnehmung erweitert.
Über den Vergleich der eigenen und fremden Einschätzungen kann die Gruppenleitung ein
zwangloses Gespräch über diese oft angstbesetzten Themen beginnen. Zum Abschluss dieses
Moduls hat der Teilnehmer / die Teilnehmerin mehr über Gefährdungssituationen erfahren
und für sich die zwei gefährlichsten Bereiche erkannt. In den späteren Modulen werden
diese Hochrisikobereiche bearbeitet.
Anhand dieser Einheit können einige didaktische und therapeutische Prinzipien
von STAR verdeutlicht werden: Die Arbeit bleibt stets konkret, Anschaulichkeit
und Visualisierung kommt große Bedeutung zu und es erfolgt ein spielerischer
Perspektivwechsel (z.B. Eigen- und Fremdeinschätzung, persönliches Erleben
und wissenschaftliche Ergebnisse).
Im Modul 6 sollen die TeilnehmerInnen einen besseren Zugang zu den unangenehmen
Gefühlen , die sie im Alltag belasten, finden. Ziel des Moduls 6 ist es, die
unangenehmen Gefühle zu erkunden und klar benennen zu können, sie im Alltag
wahrzunehmen und zu erfahren, dass diese Gefühle nicht alles überfluten müssen.
Zu Beginn des Moduls wird mit den TeilnehmerInnen eine Fantasiereise unternommen.
Diese Fantasiereise fokussiert die TeilnehmerInnen auf ihr stärkstes unangenehmes
Gefühl. Im Anschluss daran werden diese Eindrücke in Bildern dargestellt.
Danach werden die Bilder der anderen TeilnehmerInnen mit Begriffen assoziiert.
Dazu schreiben die TeilnehmerInnen ihre Eindrücke auf Kärtchen auf und legen sie
neben das jeweilige Bild. Auf diese Weise stehen dem Teilnehmer/der Teilnehmerin
wiederum mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, sich mit den eigenen Gefühlen zu
beschäftigen. Da sind zum einen das selbstgemalte Bild und zum anderen die
Interpretationen der anderen TeilnehmerInnen. Im Anschluss daran werden die Bilder
in der Gesamtgruppe besprochen und Eindrücke ausgetaucht. Bewältigungsmöglichkeiten
dieser unangenehmen Gefühle ohne Alkohol werden im Modul 7 bearbeitet.